Sie waren bereits 15 Millionen Jahre vor uns auf der Erde, und trotzdem haben wir es geschafft, dem Rotwild seinen Lebensraum nach und nach zu nehmen. Im Angertal in Gastein wird diesen Tieren nun ein winterlicher Rückzugsort samt Fütterung geboten und Lebensraum erhalten.
Foto: Thomas Tscherne
Wie ein kleines Kanada, so sieht es im Winter aus, das Angertal in Gastein. Schneebedeckte Baumwipfel, ein klarer Himmel, in den die Bergspitzen hineinragen. Dazwischen sanfte Hügel. Ein wunderschöner Ort. Wohl deswegen haben wir Menschen ihn auch für uns ausgewählt. Anfangs mit Siedlungen im Tal und den Ebenen, danach mit Skiliften hinauf auf die Berge. Zunehmend werden auch mit den Freeride-Ski die letzten Winkel, die gleichzeitig Lebensraum für viele Tiere sind, erschlossen. Mit Tieren meint man hier vor allem das Rotwild. Edle, starke Geschöpfe, unter denen die Hirsche einst die Könige der Wälder waren.
Der Gasteiner Thomas Tscherne und seine Frau Rosina vom Hotel Weismayr haben diese Entwicklung beobachtet und beschlossen, eine Jagd im besagten Angertal zu pachten. Das war vor 18 Jahren. Das Gebiet wurde damals unsensibel bejagt und die Tiere zeigten sich höchstens in der Nacht. Am Tag hatten sie aufgehört, in Erscheinung zu treten. Mit einem kleinen Revier haben Thomas und Rosina begonnen. Mittlerweile bejagen sie 1.800 Hektar Land. Bereits im ersten Jahr begannen sie, das Rotwild über den Winter zu versorgen. „Am Anfang haben wir nur Phantome gefüttert. Wir haben die Tiere nie zu Gesicht bekommen. So tief saß die Angst und so groß war ihr Misstrauen gegenüber uns Menschen“, erzählt Thomas Tscherne.
Die Fütterung von Wildtieren ist keine einfache Aufgabe. Im Angertal wurde die Futterstelle zur Baumgrenze gelegt, um ein harmonisches Nebeneinander von Tier und Mensch zu gewährleisten. In dieser Höhe findet man Bäume, von den Einheimischen „Luadataxn“ genannt, die für den forstwirtschaftlichen Gebrauch nicht gut zu verwenden sind. „Luadataxn“ bestehen zum Teil aus mehreren dicken Stämmen, die nach oben hin schnell sehr dünn und feingliedrig werden. An der groben Rinde dieser „Taxn“ können sich Hirsche und Hirschkühe gerne laben. Die Rinde bietet an sich die wichtigsten Nährstoffe für die Pflanzenfresser, gleich dem Heu.
In den ersten Jahren war die Fütterung noch beschwerlich. Die Tschernes transportierten die Futtermittel mit dem Hubschrauber auf den Berg. Jeden Tag waren sie dann selbst an Ort und Stelle, um aus dem provisorischen Vorratshaus die Nahrung zu verteilen. Bei jeder Witterung und selbst, wenn es bedeutete, die Hütte vorher aus dem Schnee ausgraben zu müssen. Nach drei Jahren stellten sich erste Erfolge ein. Die Waldtiere zeigten sich.
Die Fütterung von heute hat mehrere Zielsetzungen. Früher ging es nur darum, das Wild zu erhalten. Heute muss auch bedacht werden, dass der Lebensraum sich verändert hat. Das bedeutet für das Futter, geschmacklich attraktiv sein zu müssen. Das Grundfutter ist Heu bester Qualität. Denn das Wild ist darauf angewiesen, das Futter zu selektieren. „Bevor es Stroh frisst, verhungert es“, versichert uns Thomas Tscherne. Das Kraftfutter hingegen bereitet Schwierigkeiten bei der Verdauung, und das kann im schlimmsten Fall sogar zum Tod führen. Neben Heu gibt es Futter- oder Zuckerrüben. Apfeltrester aus der Fruchtsaftgewinnung ziehen mit ihrem verlockenden Geruch das Wild an. Abgerundet wird die Mischung mit einer Maissilage. Der Wasserbedarf wird über den Schnee, aber auch über die Futterrüben abgedeckt.
An der Futterstelle herrscht das ganze Jahr Jagdverbot. 2008 wurde die Straße gebaut, die auf den Berg führt. Errichtet hat sie die Familie Tscherne selbst. Nach Jahren werden sie heute vom Wild an der Futterstelle geduldet. Selbst Berührungen sind möglich. „Diese Tiere sind faszinierend zu beobachten. Man spürt in der Art ihrer Bewegungen, dass sie wild sind. Diese Ungezähmtheit und auch Abneigung dem Menschen gegenüber fesseln mich“, so Thomas Tscherne. Viele Geschichten weiß er über die Tiere zu erzählen, sein Wissen teilt er gerne mit allen, die sich dafür interessieren.
Seit heuer kann man Thomas und Rosina Tscherne zur Fütterung begleiten. Sie haben für die Tiere eine Lebensrauminsel geschaffen, im Angertal, dem Little Canada von Gastein.
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