Es war einmal die Zukunft
Vision oder Verunstaltung – die Bauten und Projekte des Architekten Gerhard Garstenauer im Gasteinertal werden damals wie heute rege diskutiert.
Als Mitte der 60er-Jahre intensive Bemühungen um eine Revitalisierung Bad Gasteins einsetzten, gab es Lobeshymnen und Hasstiraden. Die architektonischen Veränderungen schieden die Geister. Eine Kontroverse seit 45 Jahren.
Archiv Garstenauer/Verlag Anton Pustet
Hart im nehmen: Die Skiliftstation in Sportgastein. Konstruiert, um hochalpinen Bedingungen wie starkem Wind, hohen Schneelasten und extremen Temperaturen zu trotzen.
Als der engagierte Bürgermeister Anton Kerschbaumer antrat, um Bad Gastein in eine gloriose Zukunft zu führen, war die Ausgangssituation ernüchternd. Die Bäderkultur, mit der die Stadt in den Alpen groß wurde, war mit der Kriegsgeneration beinahe ausgestorben. In Gerhard Garstenauer, dem Salzburger Architekten, der inspiriert von Mies van der Rohe, den Bauhaus-Meistern, Le Corbusier oder Richard Neutra arbeitete, fand Kerschbaumer einen kongenialen Partner. Seinen Plänen bereits strategisch ausgefeilte Überlegungen im Sinne eines Gesamtkonzeptes voranstellend, wollte Garstenauer eine neue Form des Bauens in den Alpen entwickeln. In Anknüpfung an die bereits bestehende großstädtische „Ringstraßenarchitektur“ und Baukultur sollte ausgehend von einem Bad das gesamte Gasteinertal dem modernen Tourismus und jüngeren Touristen nahegebracht werden.
Den Ausgangspunkt der Vision bildete das Felsenbad, geplant als eine Huldigung an das wertvolle Gasteiner Wasser. Es konnte bereits 1968 eröffnet werden und lockte eine Million neue Besucher an. Der erste Schritt war geglückt. Dennoch: Trotz des Erfolges wurden bereits die ersten Stimmen laut, die nichts mit der modernen Architektur Garstenauers anzufangen wussten. In einem weiteren Schritt widmete man sich dem Kongresszentrum in der Ortsmitte. Mit der dazugehörigen Umgestaltung des Platzes sollte ein neues Zentrum entstehen, das „öffentlicher“ war als der fast privat wirkende Straubinger Platz, der zudem durch den stärker werdenden Verkehr nicht mehr einem öffentlichen Platz gerecht werden konnte. Auch hier zeigte und zeigt sich ein Teil der Bevölkerung ignorant gegenüber dem Bauwerk, obwohl es zum ersten Mal die Möglichkeit bot, an einem sonnigen Platz vom Zentrum ins Tal hinabzublicken. Die Leistung Garstenauers sollte aber nicht ganz unbelohnt bleiben. Salzburg zeichnete ihn 1975 für das Kongresszentrum mit dem Architekturpreis des Landes aus.
Das Skizentrum Sportgastein war ebenso Bestandteil der Strategie zur Erschließung von neuen und jüngeren Touristen. Viele der Pläne für Sportgastein wurden durch den frühen Tod Anton Kerschbaumers nicht verwirklicht, Umsetzungen sind teilweise der nicht vorhandenen Sensibilität von Entscheidungsträgern zum Opfer gefallen. Dennoch überdauerten ein paar „Kugeln“ – Zwanzigflächner – in Sportgastein die Zeit. Ihre kristallinen Formen sind eine Auseinandersetzung mit den Gesetzen der Natur, die auch aus anorganischen, geometrischen Strukturen bestehen. Die „Skibar Regina“ auf 2.161 Metern Seehöhe ist einer der wenigen Orte, an denen man die Architektur noch hautnah und mittendrin erleben kann. Und das auf die bequemste Art und Weise: auf einer Sonnenliege mit Rundumblick auf die 3.000er. Der Betreiber Olaf Krohne versteht es perfekt, die Vision Garstenauers von einem modernen und jungen Skitourismus umzusetzen.
Für große Architekturkritiker und -theoretiker ist das Werk Garstenauers sehr wohl relevant. Dietmar Steiner erkennt diese Relevanz vor allem in der umfassenden kulturellen und gesellschaftlichen Verflechtung. Friedrich Achleitner beschreibt die Strategie Garstenauers als eine, die eher auf Koexistenz unterschiedlicher Weltbilder und Zeiten setzte, und ist zuversichtlich, dass sich vor allem eine jüngere Generation in der Rezeption dieses Stils geübt zeigt. Auch Eva Hody, Landeskonservatorin am Bundesdenkmalamt in Salzburg, erkennt den architektonischen Wert der Bauten Gerhard Garstenauers an: „Ich halte das Kongresszentrum für eine Ikone des modernen Bauens und Gerhard Garstenauer für einen Architekten mit einer starken künstlerischen Aussage.“ Dennoch steht es nicht unter Denkmalschutz. Dass das Kongresszentrum von vielen in der Bevölkerung nicht geschätzt wird, erklärt Hody so: „Um es zu errichten, wurde eine historische Wandelhalle zerstört. Das hat eine Narbe hinterlassen, die vielleicht nicht vollständig mit dem modernen Bau ausgefüllt wurde.“ In einem Nachsatz sagt sie: „Und Sichtbeton schätzen auch nicht viele.“ Zum Abschluss sagt Eva Hody noch: „Gerhard Garstenauer hat Gastein ein neues Gesicht gegeben und versucht, moderne Akzente zu setzen. Man kann sagen, dass er den historischen Kurort in die Moderne geführt hat.“

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